Von der kalten Frische der Luft nach draußen gelockt und am Häusereck stehen geblieben sehe ich den Mond an. (Wie) zum ersten Mal. Und ich begreife: Sie hat noch nie den Mond gesehen. Sein silbriger Schimmer hallt als Echoschmerz im Herzen über das, was niemals war. Wie mit Kinderschritten taumele ich staunend in die Abenddämmerung. In die Welt. Dort ist das gelbliche Leuchten der Ähren im blauen Licht. Das gelbliche Leuchten mit den eigenen Fingern berühren und das Licht mit dem Fühlen zu einem rauen Weich verschmelzen lassen. Kalte Luft an den Körperrändern schärft die Konturen des eigenen Seins. Kalte Luft in den Lungen. Selber atmen. Selber leben. Staunen über das Wir-sind-noch-da. Sie drückt eine Hand auf das Gras. Kalt und fest ist der Grund. Diese Kälte ist eine lebendige Kälte, die nach und nach nach innen dringt, Schicht für Schicht Auf unser Warm trifft. Du rollst dich zusammen in mir. So viel Leben ist noch zu viel. Aber ich spüre, wie du scheinbar desinteressiert die Ohren spitzt und eine feine Spinnwebe von Mitfühlen mit mir erhältst. Zarter als der seidene Faden an dem unser Weiterleben damals hing. Als du für uns gestorben bist. Heute habe ich das Sterben endlich wieder zu mir genommen. Heute haben wir unser Sterben damals gemeinsam überlebt. Und weil wir heute endlich unser Sterben überlebt haben staune ich so in die Welt. Und sehe den Mond zum ersten Mal. Als die Nacht sich senkt warte ich auf einem Stein. Achte auf den spinnwebfadenen Kontakt an meinem Herzen. Und atme für uns Luft in diese Lungen die damals so schmerzhaft darum ringen mussten. Mit der Dunkelheit senkt sich auch Stille über alles. Und ich erkenne die Stille. Sie ist in allem. Hinter allem. Sie ist in der Mitte des Wassers nach dem Impact des Tropfens und breitet sich von dort aus. Sie war inmitten der schreienden Zellen und der Schmerzen und der gnädigen Dunkelheit, die sich damals senkte über dich. Sie liegt in der sanften Hand, die deinen Rücken hält, damit du nicht vergisst, dass du zurückgekommen bist. Am seidenen Faden lasse ich eine Träne zu dir laufen, die dir sagt: Wir sind noch da. Ich bin so froh, dass du da bist.
